Wir retten … sauer eingelegtes Gemüse auf türkische Art: Karışık Turşu

Meine osteuropäischen Wurzeln lassen sich nicht verleugnen. Ich mag Fleisch, es ist immer Saure Sahne im Kühlschrank und ich habe eine große Vorliebe für eingelegtes Gemüse, egal ob die Essigvariante oder in Salzlake. Noch bevor mir einfällt einen Salat als Beilage zu reichen, sind schon eingelegte Rote Bete, Gurke oder Kürbis auf einem Tellerchen gelandet. Ich liebe das Zeug einfach und in den letzten Jahren begann ich auch, die Lieblingsgemüse selbst einzulegen. Ihr fragt Euch jetzt sicherlich, warum ich mir diese Arbeit mache, wenn es Gewürzgurken, süßsauren Kürbis und Rote Bete auch in jedem Supermarkt zu kaufen gibt. Aber habt ihr mal auf die Zutatenliste geguckt? Bei den konventionellen, deutschen Produkten sind kaum noch unverarbeitete Zutaten drin außer Wasser und Salz, stattdessen findet man diverse Aromen statt Gewürzen wie Senf oder Piment, statt Zucker werden unterschiedliche Abarten wie Fruktose-Glucose-Sirup und Konsorten benutzt. Wo ist denn bitte schön das Problem, da echte Senfkörner reinzuschmeißen und einfach nur Salz und Zucker zu benutzen, anstatt drei unterschiedlich benannter Zuckervarianten? Ich will das alles nicht! Ich will die ganzen E-Stoffe nicht in meinem Körper haben. Ich will die Zutaten eindeutig zuordnen können. Und genau deswegen mache ich mein eigenes Gemüse ein oder wenn ich es kaufe, achte ich genau darauf, was drin ist!

Und zum Glück bin ich nicht die einzige, sondern die Damen (und Herren) von der Rettungstruppe liegen mit mir auf einer Wellenlänge, weswegen wir heute sauer eingelegtes Gemüse und Obst retten. Natürlich habe ich auch die anderen Teilnehmer nach dem Rezept wieder aufgezählt, so dass sich die geneigte Leserschaft wieder viel Inspiration holen kann.

Dieses Mal zeige ich Euch allerdings kein ungarisches oder deutsches Rezept, sondern wende mich der türkische Küche zu, die ich ebenfalls sehr liebe! Türkische Küche ist so viel mehr als Döner und wird zu Recht als eine der besten der Welt genannt. Seit ich im Klein-Ankara Kassels gelebt habe, weiß ich die türkischen Zutaten sehr zu schätzen. Sie kochen sehr gemüselastig, sehr vielfältig und würzig, aber nicht zu abgehoben in den Geschmackskombinationen. Und sie scheinen eingelegtes Gemüse zu mögen, was mir bis dato unbekannt war. Aber beim Durchblättern des großartigen Kochbuchs „Türkei vegetarisch“ von Orhan und Orkide Tançgil fiel mir ihr Rezept für in Essig und Salzlake eingelegtes Gemüse auf, dass sich super für meine damaligen Gemüsereste und die übrig gebliebenen unreifen Tomaten aus dem elterlichen Schrebergarten eignete. Also schnell noch zwei 1,5 l-Gläser besorgt und ab ging es. Was ich etwas amüsant fand, war die Zugabe der einzelnen getrockneten Kichererbsen, aber sie unterstützen wohl die Fermentation. Für dieses Gemüse könnt ihr wirklich viel unterschiedliches Gemüse verwenden, auch wenn ihr Reste habt. Die letzten Bohnen aus dem Garten lohnen sich nicht mehr für eine Suppe, dann rein damit? Es hängen noch vereinzelt grüne Tomaten am Strauch, aber es ist zu kalt zum Reifen? Ihr werdet nicht an einer Solaninvergiftung sterben, wenn ihr sie auch mit reinpackt. Und es ist so einfach zubereitet, braucht nur ein bisschen Zeit zum Reifen. Während der Wartezeit hab ich ein paar Mal wirklich vorsichtig den Deckel geöffnet, da sich doch Gase entwickeln, die auch raus wollen, ich aber keine Lust auf großes Sprudeln in der Küche hatte. Das hat sich bewährt. Und wenn ihr genug gewartet habt,…

… dann kommt großes Geschmacksglück! Noch knackiges Gemüse, leicht säuerlich und salzig. Wirklich sehr angenehm! Ihr müsst nur ernsthaft auf Sauberkeit achten, sowohl bei der Zubereitung als auch beim Herausnehmen des Gemüses. Das Glas gründlich reinigen vor dem Einschichten des Gemüses und zum Herausnehmen nur sauberes Besteck nehmen und die Gabel nicht zwischendurch ablecken, wenn ihr mehrmals ins Glas geht. Dann könnt ihr lange Freude an Eurem eingelegten Gemüse haben, wenn es nicht schon schnell in Euren Mägen verschwindet, weil es so köstlich ist!

Karışık Turşu – Eingelegtes Gemüse auf türkische Art

Zutaten für ein 1,5l Glas:

1 l Wasser
100 ml Apfelessig
80 g grobes Steinsalz (kein Meersalz)
1 kg junges, knackiges Gemüse
(Weißkohl, Rote Bete, unreife Tomaten, Möhren, Einlegegurken,
rohe Brechbohnen, Blumenkohl, Peperoni, Kohlrabi, Paprika etc.)
6-8 getrocknete Kichererbsen
5-6 Knoblauchzehen
10-15 Pfefferkörner
1-2 Lorbeerblätter
2-3 Stengel Dill und/oder Koriander oder Sellerieblätter

(1) Das Glas mit heißem Wasser und Spülmittel gut auswaschen und dann mit heißem Wasser gründlich nachspülen, damit alle Spülmittelreste verschwinden. In den kalten Ofen auf das Gitter legen, den Ofen auf 150°C Ober-/Unterhitze stellen und das Glas 15 Minuten drin lassen ab dem Zeitpunkt, wo die Temperatur erreicht ist. Herausholen und auf einem Holzbrettchen abkühlen lassen.
(2) Als erstes die Lake zubereiten. Dafür das Wasser aufkochen und abkühlen. Dann Essig und Salz einrühren bis sich das Salz aufgelöst hat.
(3) Das Gemüse gründlich waschen und/oder putzen. In etwa gleich große Stücke schneiden. Wenn etwas größer bleibt (z.B. die Einlegegurken) dann mit einem Spieß oder Gabel einstechen, damit die Lake gut eindringen kann. Die Knoblauchzehen schälen.
(4) Die Kichererbsen in das Glas legen. Gemüse, Knoblauchzehen und Pfefferkörner in das Glas schichten. Dabei dicht packen, so dass möglichst wenig Hohlräume entstehen. Obenauf kommen die frischen Kräuter.
(5) Die Salzlake vorsichtig aufgießen, bis alles Gemüse bedeckt und das Glas voll ist. Um alles unter der Oberfläche zu halten mit einem kleinen Schälchen/Tellerchen/Stein beschweren, der auch drin bleibt, wenn der Deckel verschlossen ist. Vorsichtig am Glas schütteln, damit alle Luftbläschen nach oben steigen. Den Deckel verschließen und das Glas 2-3 Tage auf dem Deckel stehend lagern, dann umdrehen und an einem kühleren Ort 3-4 Wochen reifen lassen. Das Glas auf einen tiefen Teller stellen, da etwas Flüssigkeit austreten kann. Manchmal auch wirklich vorsichtig den Deckel öffnen, damit die sich gebildeten Gase, entweichen können.

Wenn das Gemüse fertig ist, im Kühlschrank lagern, damit der Reifeprozess unterbrochen wird. Das Gemüse NUR mit sauberem Besteck aus dem Glas holen, nicht mit den Fingern oder abgelecktem Besteck, dann sollte es auch einige Wochen bis Monate halten.

Passt zu Kurzgebratenem, Frikadellen, Ragouts (egal, ob Gemüse oder Fleisch).

Quelle: Tançgil, O., Tançgil, O., Seiser, K. (Hg.) (2015): Türkei vegetarisch. Christian Brandstätter Verlag. Wien. p 131

Und falls ihr auf den Geschmack gekommen seid, bei den anderen Mitstreitern der Rettungstruppe, gibt es noch mehr Ideen:

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20 Kommentare zu “Wir retten … sauer eingelegtes Gemüse auf türkische Art: Karışık Turşu

  1. […] Paprika meets Kardamom: Sauer eingelegte Gemüse auf türkische Art […]

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  2. […] ganz klassisch Pane-Bistecca – Sauer eingelegte Kirschtomaten Paprika meets Kardamom – Sauer eingelegtes Gemüse auf türkische Art: Karışık Turşu Prostmahlzeit, die Turbohausfrau – Essigzwetschken Summsis Hobbyküche – Eingelegte […]

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  3. panebistecca 14. September 2017 um 09:06 Reply

    Oh sehr interessant, muss ich mal ausprobieren!

    LG Wilma

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  4. Susanne 14. September 2017 um 11:19 Reply

    Das ist ein wirklich tolles Rezept. Ich habe danach die grünen Tomaten eingelegt, das ist auch klasse.

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  5. […] ganz klassisch Pane-Bistecca – Sauer eingelegte Kirschtomaten Paprika meets Kardamom – Sauer eingelegtes Gemüse auf türkische Art: Karışık Turşu Prostmahlzeit, die Turbohausfrau – Essigzwetschken Summsis Hobbyküche – Eingelegte […]

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  6. brittak65 14. September 2017 um 13:29 Reply

    Das sieht einfach köstlich aus. Das Buch habe ich übrigens auch, vermutlich habe ich es aber noch nicht aufmerksam genug studiert. Das Gemüse kommt auf die Zu-Tun-Liste.

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  7. giftigeblonde 14. September 2017 um 14:47 Reply

    Du meinst damit könnte ich meine nicht mehr reif werdenden Paradeiser auch einlegen? Das überlege ich mir jetzt echt, ich fürchte alle werden nicht mehr reif werden.

    Sehr schön bunt sieht das aus!

    Und obwohl ich südländische Wurzeln hab, ich mag dasselbe wie du mit deinen osteuropäischen Wurzeln hihi

    lg. Sina

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  8. Ingrid Auchwas 14. September 2017 um 16:39 Reply

    Liebe Anikó, das sieht so wunderbar aus! Ich würde sehr gerne sofort in die Küche gehen und das nachmachen. Besonders die Machart ist toll, dass wollte ich schon „so“ lange mal probieren, jetzt wird es gemacht. Danke für diese super Rezept. Liebe Grüße und eine schöne Restwoche
    Ingrid

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  9. Bonjour Alsace 14. September 2017 um 22:09 Reply

    Fermentiertes Gemüse habe ich bisher noch nicht ausprobiert, bis auf ein Versuchs-Glas Sauerkraut, das genial geschmeckt hat. Ich habe mir allerdings schon ein „weiterführendes Buch“ gekauft – doch deine Anregung probiere ich gerne zuerst aus.

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  10. hafensonne 15. September 2017 um 15:44 Reply

    Boah, ich habe auch schon gefühlte Wochen vor dem Gurkenregal gestanden und nach welchen gesucht, die nur mit Salz, Zucker, Essig und Gewürzen eingelegt sind. Zwischenzeitlich sogar erfolglos!

    Das mit den grünen Tomaten klingt interessant, ich fürchte, meine Restbeständer werden auch nicht mehr rot.

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    • Anikó 15. September 2017 um 15:46 Reply

      Ich hab festgestellt, dass osteuropäische Firmen noch relativ natürlich produzieren. Gibt es einen russischen Supermarkt oder so in Rostock?

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  11. Barbara (Barbaras Spielwiese) 17. September 2017 um 13:18 Reply

    Die Zutatenlisten inzwischen sind echt der Hammer! Mir ist auch aufgefallen, dass der russische Supermarkt (da gibt’s sogar einen bei uns vor der Haustüre, in Kulmbach, mit einer total netten Kassiererin) Gläser mit kurzer Inhaltsliste hat; da ist dann Zucker und Gewürze drin statt Aroma und Glukose. Und die Auswahl ist super groß. Scheint echt eine Vorliebe in Osteuropa zu sein.

    Deine Version mit dem farbenfrohen gemischten Gemüse gefällt mir sehr gut! Das Rezept nehme ich mir gleich mal mit.

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  12. rike 18. September 2017 um 23:07 Reply

    Habe das Fermentieren vor Jahren mal getestet, bin gescheitert, muss es mal wieder ausprobieren

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  13. germanabendbrot 19. September 2017 um 11:07 Reply

    Was für ein tolles Rezept. Das wäre mal eine schöne Idee – auch zu hausgemachtem Döner oder Köfte! Klasse.

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  14. Franzi 20. September 2017 um 21:19 Reply

    Oh diese Farben – toll ♥
    Gut, dass du das mit der angeleckten Gabel erwähnst. Ich muss da auch immer an mich halten, denn manchmal will ich nur mal kosten. Und dann ist das so lecker, dass ich geneigt bin, mit der grad benutzten Gabel wieder ins Glas zu gehen 🙂

    Im Grunde ist das sauer eingelegte Gemüse Resteverwertung pur. Ich mag das 🙂

    Liebste Grüße, Franzi

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  15. Katrin 24. September 2017 um 11:25 Reply

    Ein wirklich sehr schönes Rezept.
    Gruß Katrin

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  16. Sonnie 7. Oktober 2017 um 13:33 Reply

    Bei uns gibt es einen wirklich sehr leckeren Imbiss, der Hummus und Falafel im Angebot hat. Wenn man sich dort einen Hummus Teller bestellt, dann wir dieser mit sauer eingelegten Gurken und sauer eingelegten Rettich Sticks serviert.
    Mittlerweile verkauft der Imbiss sogar Konservendosen mit den eingelegten Gurken. Diese Dosen habe ich bisher noch nirgend anders gesehen – sie kommen auch nicht aus Deutschland.
    Ich habe mich vorher nie mit sauer Eingelegtem beschäftigt, aber diese beiden Beigaben schmecken so dermaßen lecker, dass ich jetzt mal dazu recherchiert habe und hier gelandet bin.
    Jetzt überlege ich tatsächlich, selber mal Gemüse sauer einzulegen. Ob ich das allerdings so gut schmeckend hin bekomme, weiß ich noch nicht. Ich denke, dass das wahrscheinlich spezielle Gurken sind, die dafür verwendet werden.
    Aber ich werde es mal probieren.

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  17. […] sich besser schneiden lässt.Dazu passt wunderbar eingelegtes Gemüse (z.B. Kovi ubi oder türkisch fermentiertes Gemüse), Weißkohl- oder […]

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